GRAFCET-Glossar

Hier folgt eine (unvollständige) Auflistung wichtiger Begriffe zum Thema GRAFCET.

1 Der Initialschritt
Der Initialschritt ist durch einen Doppelrahmen gekennzeichnet.
Dieser spezielle Schritt ist beim Initialisieren des GRAFCETs automatisch aktiv.
Die Norm verwendet hierfür auch den Begriff Anfangssituation.
Nicht selten wird eine Anlage durch mehrere GRAFCETs beschrieben, in diesem Fall sind oftmals mehrere Initialschritte vorhanden.

2 Der Makroschritt
Sein Kennzeichen ist der Buchstabe „M“, gefolgt von einer Schrittbezeichnung bzw. Schrittnummer (z. B. M4).
Zusätzlich erhält er zwei waagerechte Linien im Schrittkästchen. Somit ist der Makroschritt von allen anderen Schritten gut zu unterscheiden.
Der Makroschritt steht als Platzhalter für eine Vielzahl von Schritten.
Ein Makroschritt kann somit erst dann verlassen werden, wenn alle Schritte vollständig abgearbeitet wurden für die er steht.
Mittels eines Makroschritts lassen sich umfangreiche GRAFCETs „komprimiert“ darstellen.
So dient der Makroschritt beispielsweise der Übersichtlichkeit.
Der erste Schritt innerhalb eines Makroschrittes erhält den Buchstaben „E“ (gefolgt von der Schrittnummer, z. B.: E4).
Der letzte Schritt innerhalb eines Makroschrittes erhält den Buchstaben „S“ (gefolgt von der Schrittnummer, z. B.: S4).

3 Der einschließende Schritt
Sein Kennzeichen sind die diagonalen Linien an den Ecken innerhalb des Schrittkästchens.
Der einschließende Schritt erhält wie üblich eine Schrittbezeichnung bzw. Schrittnummer.
Der einschließende Schritt wird leider oftmals mit dem Makroschritt verwechselt. Wird ein einschließender Schritt aktiv,
so aktiviert er seine (ihm zugeordneten) Einschließungen. Diese Einschließungen laufen nach ihren eigenen Regeln ab.
Eine Deaktivierung eines einschließenden Schrittes hat zur Folge, dass seine Einschließungen dadurch ebenfalls deaktiviert werden.
Mithilfe von einschließenden Schritten lassen sich beispielsweise verschiedene Betriebsarten (Hand, Automatik, Tipp-Betrieb etc.) realisieren.
Ein einschließender Schritt kann auch als Initialschritt gekennzeichnet sein.
Dies ist dann der Fall, wenn ein Schritt seiner Einschließung(en) als Initialschritt gekennzeichnet wird.

4 Zwangssteuernde Befehle
Einen zwangssteuernden Befehl erkennt man an einem vermeintlichen Aktionskästchen mit Doppelrahmen.
Obwohl man auf den ersten Blick meinen könnte, es handelt sich um eine Aktion, ist diese Annahme falsch.
Es werden vier Arten von zwangssteuernden Befehlen unterschieden:
… einen bestimmten Schritt (bzw. mehrere Schritte) setzen
… alle Schritte eines GRAFCETs deaktivieren
… einen GRAFCET einfrieren
… den Initialschritt eines GRAFCETs aktivieren
Mithilfe von zwangssteuernden Befehlen lassen sich Abschaltbedingungen (NOT-Halt, NOT-Aus etc.) gut umsetzen.
Oftmals werden zwangssteuernde Befehle jedoch falsch gedeutet, deshalb sollte auf einen wichtigen Sachverhalt
hingewiesen werden:
Empfängt ein (untergeordneter) GRAFCET von einem (übergeordneten) GRAFCET einen zwangssteuernden Befehl,
so kann sich der untergeordnete GRAFCET währenddessen nicht verändern!
Gleichgültig um welchen der vier Befehle es sich handelt.

5 Aktionen, kontinuierlich wirkend
Kontinuierlich wirkende Aktionen wirken immer auf die Schrittvariable ein, egal ob ein Schritt aktiv ist oder nicht aktiv ist-sie wirken also kontinuierlich!
Sie können zusätzlich mit sog. Zuweisungen versehen werden.
Diese Zuweisungen wirken i. d. R. dann als zusätzliche Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit die kontinuierlich wirkende Aktion ausgeführt wird.
Diese Zuweisungen können auch Zeiten beinhalten.

6 Aktionen, speichernd wirkend
Speichernd wirkende Aktionen werden oft durch die Flanke einer Schrittvariable aktiviert / deaktiviert.
Ein linksbündiger Pfeil nach oben oder aber nach unten zeigt eine steigende oder aber fallende Flanke der Schrittvariablen an.
Um eine speichernd wirkende Aktion auszuschalten, muss (wie beim Einschalten) ein speichernd wirkender Befehl verwendet werden.

Neben der Aktivierung / Deaktivierung durch eine Schrittvariable ist auch eine Aktivierung / Deaktivierung durch
ein Ereignis (z. B. Flanke eines Sensors) möglich. In diesem Fall findet das Symbol „Fähnchen“ seine Anwendung.

Aktion bei Auslösung: Die Norm (Ausgabe Dezember 2002, gültig bis Dez. 2014) bot die zusätzliche Möglichkeit,
eine speichernd wirkende Aktion an eine Transition zu knüpfen. Löste die betreffende Transition aus, so war dies der
Triggerimpuls für die angehängte speichernd wirkende Aktion. Auf einen linksbündigen Pfeil wurde in dieser Variante
logischerweise verzichtet.
Anmerkung: In der aktuellen Form der Norm (EN 60848:2013) wird diese Möglichkeit, eine speichernd wirkenden
Aktion abzubilden, nicht eindeutig beschrieben.

7 Analoge Transitionsbedingungen
Sensoren stellen oftmals eine Transition von einem zum nächsten Schritt dar. Liefert ein Sensor nicht nur die Signale
„high -1“ oder „low – 0“, sondern eine Vielzahl von Messwerten, so spricht die GRAFCET-Norm von sog. Transitions-
Variablen
, diese werden in eckige Klammern gesetzt.
Beispiel: [Temperatur > 20 °C] ; [Drehzahl<100 1 / min]; [Zähler=5]
Den Aussagen innerhalb der eckigen Klammern werden dann wieder logische Zustände wie „erfüllt“ bzw. „nicht erfüllt“ zugewiesen.

8 Zeiten
Zeiten können sowohl Transitionen als auch Aktionen beeinflussen.
Es können Einschaltverzögerungen, Ausschaltverzögerungen und Zeitbegrenzungen dargestellt werden.
Einschaltverzögerung: t1 / y --> Mit steigender Flanke von y startet die Zeit t1 (und läuft nur dann ab, wenn y den Wert 1 beibehält).
Ausschaltverzögerung: y / t2 --> Mit fallender Flanke von y startet die Zeit t2 (Voraussetzung: y hatte vorher den Wert true).
Zeitbegrenzung: Negationsstrich über den kompletten Ausdruck der Einschaltverzögerung--> Mit steigender Flanke von y startet die Zeit t1.
Oftmals wird eine Kombination von Ein- und Ausschaltverzögerung verwendet: t1 / y / t2

Schrittdauer
Die Variable T# gibt die Dauer des aktiven Schritts X# an. War z. B. Schritt 3 für 7s aktiv, so ist T3=7s.
Der Wert T3=7s bleibt so lange erhalten, bis X3 erneut aktiv wird. Zu diesem Zeitpunkt wird T3=0s und beginnt erneut abzulaufen.

9 Verzweigungen
Ein GRAFCET kann linear ablaufen, aber auch Verzweigungen besitzen.
Man unterscheidet Alternativverzweigungen von parallelen Verzweigungen.

Alternative Verzweigung: Von einem Schritt ausgehend kann die Steuerung entweder in den einen Schritt oder aber in den anderen Schritt übergehen. Es existieren somit mehrer Ablaufketten.
Jede Kette besitzt ihre eigene Transition. Eine gemeinsame Transition für mehrere Ketten ist hier nicht zulässig.
Die jeweiligen Transitionen müssen so gewählt werden, dass sie niemals gleichzeitig erfüllt sein können.
Gegebenenfalls müssen sie deshalb gegeneinander verriegelt werden.
Vor einer Zusammenführung steht für jeden Zweig eine eigene Transition.

Parallele Verzweigung: Von einem Schritt ausgehend führt eine gemeinsame Transition gleichzeitig in mehrere (parallele) Schritte.
Die Zusammenführung von parallelen Ketten erfolgt ebenfalls durch eine gemeinsame Transition.
Diese gemeinsame Transition gilt jedoch erst dann als freigegeben, wenn alle Schritte die unmittelbar vor ihr liegen, aktiv sind.
Die Norm spricht deshalb auch gerne von einer Synchronisation paralleler Ketten.

Ablaufkette: Darunter versteht man eine Folge von Schritten wobei jeder Schritt nur eine nachfolgende und eine vorangehende Transition besitzt.
Ausgenommen von dieser Definition sind der erste Schritt (er muss keine vorangehende Transition besitzen) und der letze Schritt (dieser muss keine nachfolgende Transition aufweisen).

 

10 Kommentar
Durch Kommentare kann die Lesefreundlichkeit eines GRAFCETs sehr gut erhöht werden.
Kommentare dürfen an beliebiger Stelle platziert werden, sie müssen lediglich in Anführungszeichen gesetzt werden („Kommentar“).
Werden Kommentare in ausreichender Menge verwendet und aussagekräftig formuliert, so dient das dem Leser zur schnelleren Erfassung der Funktion.

11 Rückführung, Schleifen und Sprünge
Eine Rückführung (oftmals vom Ende des GRAFCETs zurück zum Anfang) realisiert man durch eine Wirkverbindung mit Richtungsangabe (Pfeil nach oben).
Denn eine Wirkverbindung ohne Richtungspfeil wirkt grundsätzlich immer von oben nach unten.
Eine Schleife (die eventuell mehrmals durchlaufen werden soll) lässt sich so auch sehr leicht realisieren.
Die Rückführung mündet dann einfach in den gewünschten Schritt und nicht im Initialschritt.
Ein Sprung von einem Schritt zu einem anderen Schritt ist oftmals nichts anderes als eine Alternativverzweigung mit „abgeschnittener“ Wirkverbindung.
An das Ende der Wirkverbindung schreibt man das Sprungziel, also die Bezeichnung des Schrittes, zu dem gesprungen werden soll (z. B. 4).
Ebenso kann diese Form der Darstellung auf eine Rückführung angewendet werden.
Auch bei Rückführungen, Schleifen und Sprüngen muss die Grundregel Schritt-Transition-Schritt immer eingehalten werden.

12 Struktur eines GRAFCETs
Ein GRAFCET kann in zwei „Bereiche“ (Struktur und Wirkungsteil) unterteilt werden. Ein GRAFCET besteht aus Schritten und Transitionen.
Dieser Bereich wird Struktur genannt.
Als Wirkungsteil hingegen beschreibt man die Aktionen ohne Betrachtung der Schritte.

13 Quellschritt und Schlussschritt
Unter einem Quellschritt versteht man einen Schritt ohne vorangehende Transition.
Dies hat zur Folge, dass ein Quellschritt nur dann aktiv sein kann, wenn er:
a) als Initialschritt gekennzeichnet ist,
b) durch einen zwangssteuernden Befehl angesprochen wird, oder
c) durch einen einschließenden Schritt aktiviert wird.

Besitzt ein Schritt keine nachfolgende Transition, so spricht man von einem Schlussschritt.
Dies hat zur Folge, dass ein Schlussschritt nur durch folgende Arten deaktiviert werden kann:
a) Deaktivierung durch einen zwangssteuernden Befehl.
b) Deaktivierung eines einschließenden Schrittes (setzt voraus, dass der Schlussschritt Teil der Einschließung ist).

14 Quelltransition und Schlusstransition
Eine Transition ohne vorangehenden Schritt nennt man Quelltransition.
Eine Quelltransition gilt immer als freigegeben (unabhängig davon, in welchem Schritt sich der GRAFCET befindet).
Deshalb wird als Transitionsbedingung niemals ein Zustandsabfrage, sondern eine Flankenabfrage gewählt.
Ein GRAFCET mit einer Quelltransition könnte somit auf einen Initialschritt verzichten.
Eine Transition ohne nachfolgenden Schritt nennt man Schlusstransition.
Löst diese Schlusstransition aus (ist sie also freigegeben und erfüllt), so deaktiviert diese Auslösung den vorherigen Schritt.
Ein GRACFET mit einer Schlusstransition besitzt also nach der Schlusstransition keine Rückführung (zum Anfangsschritt etc.).

15 Einschließender Anfangsschritt
Beinhaltet eine Einschließung einen Initialschritt, so muss der zugehörige einschließende Schritt auch als Initialschritt
gekennzeichnet werden, er wird somit zum „einschließenden Anfangsschritt“.